Dienstag, 28. August 2018

[Rezension | Gedanken] Du wolltest es doch

[Triggerwarnung]


Emma ist hübsch und beliebt, die Jungs reißen sich um sie. Und sie genießt es, versucht, immer im Mittelpunkt zu stehen: Das Mädchen, das jeden herumkriegt. Bis sie nach einer Party zerschlagen und mit zerrissenem Kleid vor ihrem Haus aufwacht. Klar, sie ist mit Paul ins Schlafzimmer gegangen. Hat Pillen eingeworfen. Die anderen Jungs kamen hinterher. Aber dann? Sie erinnert sich nicht, aber die gesamte Schule weiß es. Sie haben die Fotos gesehen. Ist Emma wirklich selber schuld? Was hat sie erwartet – Emma, die Schlampe in dem ultrakurzen Kleid?

"Mein Körper gehört mir nicht mehr. 
Sie haben überall ihre Namen draufgestempelt.”
S. 170


Dieses Buch ist eines, welches mich sprachlos zurückgelassen hat.

Ich bin unsagbar wütend und erschüttert. Ich kann gar nicht in Worte fassen, wie sehr.
Es ist schockierend festzustellen, wie wahr diese Geschichte sein könnte. Wie wahr sie ist.
Diese Tatsache macht mich einfach so fertig.
Nein heißt nein - ganz egal, wie kurz der Rock ist, wie tief der Ausschnitt oder wie heiß sie ihn zuvor gemacht hat!

A dress is not a yes! 
[ein Slogan der Slutwalks]

Emma ist keine sympathische Protagonistin. Ich verspürte nicht den Wunsch, sie als Freundin haben zu wollen. Sie ist sehr egoistisch, steht gern im Mittelpunkt und jeden Funken Aufmerksamkeit von Jungs will sie für sich - für sich allein. Sie hat mit vielen Jungs geschlafen, sie zeigt gern, was sie hat. Macht sie das zu einer Schlampe? NEIN.
Hat sie deshalb selber Schuld? GANZ SICHER NICHT.

Ich denke, insbesondere der Punkt, dass man Emma nicht ins Herz schließt, macht diese Geschichte zu dem, was sie ist.
Es ist wichtig, dass es so ist.
Denn auch, wenn sie unsympathisch ist und sich oft daneben verhält, hat sie NICHT verdient, was ihr angetan wurde.

Ich verstehe nicht, wie die Menschen aus Emmas Leben, die Schuld bei ihr sehen können.
Und die Unschuld bei den Jungs, die sie vergewaltigt haben (ja, dieses Wort!).
Das ist unfassbar.
Aber so real !
Mädchen, die sich offenherzig kleiden, schreien doch regelrecht danach - sie würden es ja wollen - wie kann man so etwas sagen, geschweige denn auch nur denken?
Das geht mir nicht in meinen Kopf!
Wenn ich an diese Fotos denke, die beschrieben wurden, da frage ich mich wirklich, wieso so viele übersehen, was dort geschieht? Das macht mich wütend. Wahnsinnig wütend!

Die Gedanken von Emma brechen einem das Herz. Sie zeigen, wie allein sie ist, wie verzweifelt, wie einsam. Sie glaubt, dass sie die Leben von sich und den Jungs zerstört hat. Sie glaubt, dass SIE es war.. und sie ist so sehr in sich zurückgekehrt, dass ihr kaum einer sagt, dass dem nicht so wäre.

Emmas Eltern waren mies. Sie waren richtig mies.
Ich kann es anders nicht sagen. Ihr Verhalten war verletzend.
Natürlich ist es auch für sie eine Last, gar keine Frage, aber wie sie mit alldem umgegangen sind, besonders ihr Vater war absolut daneben. Er war nie da. Er sagt sogar, er habe ein anständiges Mädchen großgezogen. Als ob, es ihre Schuld gewesen wäre ...
Ihre Mutter ist egoistisch und letztlich zeigt das Ende, dass ihre Eltern ihr offenbar nicht glauben - oder es ihnen egal ist. Ich weiß es nicht. Aber es war wahnsinnig schockierend, wie sie auch von ihren eigenen Eltern behandelt wurde.
Lediglich Bryan - ihr Bruder - war mitfühlend und hat sie unterstützt, sowie er konnte.

Das Ende ist unbefriedigend. Ich verstehe, warum es nicht jedem gefällt und warum, man damit seine Probleme hat. Natürlich wäre ein anderer Ausgang besser gewesen, doch es ist authentisch.
Es ist das, was eben tatsächlich passiert.
Louise O'Neill schreibt sehr einnehmend und schonungslos. Mich störten allerdings hin und wieder die Texte, die geklammert wurde. Das kam mir irgendwie zu häufig vor und ich wusste nicht, was das sollte. Es passte an manche Stellen, an anderen wiederum hat es für mich keinen Sinn ergeben.

Du wolltest es doch hat mich erschüttert, traurig und wahnsinnig wütend gemacht.
Wütend auf die Gesellschaft, wütend auf die Menschen, die Emma lieben sollten, wütend auf die Jungs, die ihr das angetan haben.
Es erschüttert mich, wie real dieser Roman sein kann - oder ist. 
Wie viele junge Mädchen und Frauen dort draußen in solch einer Situation einfach allein gelassen werden. Es muss darüber gesprochen werden. Es ist kein Thema, bei man schweigen sollte.

Ein schonungsloses Buch, dass mich wirklich eingenommen hat und welches ganz sicher noch eine ganze Weile in meinen Gedanken nachhallen wird.

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